Standpunkt
Kita kann, wer Druck aufbaut ...
Auf das, was wir in den letzten Monaten an Engagement und Solidarität in der Flüchtlingsfrage an den Tag gelegt haben, können wir stolz sein. Wenn nun aber die Stimmung in der Bevölkerung kippt, wenn politisch Handelnde ins Wanken geraten, dann wäre dies fatal. Deswegen ist es erforderlich, Herausforderungen offen anzusprechen, auf die wir angesichts des Ansturms von Menschen mit Fluchthintergrund Lösungen brauchen - auch im Kita-Bereich.
Prognosen der Bundesregierung zufolge brauchen wir kurzfristig 68 000 neue Kita-Plätze für Kinder mit Fluchthintergrund. Und dies nicht nur, weil sie nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung ein Recht auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung haben. Wir benötigen diese Plätze auch, um ihre soziale Integration zu fördern und um ihnen einen schützenden, verlässlichen Raum zu bieten. Zusätzlich kommen dadurch laut Berechnungen des Bundesfamilienministeriums auf die Kommunen rund 550 Millionen Euro Betriebskosten zu. Dabei sind viele Kommunen heute noch nicht in der Lage, den seit 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahrs zu erfüllen. Will heißen, der Bedarf an Kita-Plätzen wird generell noch steigen. Nach Angaben des Familienministeriums erhöhen sich die Gesamtkosten für Länder und Kommunen dadurch im Jahr 2016 um 2,4 Milliarden Euro, 2017 liegt diese Summe bei 3,7 Milliarden und 2018 bei 4,9 Milliarden. Nicht berücksichtigt sind darin Investitionen, die unmittelbar mit der Qualität des Angebots zu tun haben, die durch die Aufnahme von Kindern mit Fluchthintergrund erforderlich werden. Hierunter fallen Aufwendungen für den Aufbau und die Pflege von Netzwerken, für Fortbildungen, für die Arbeit von Dolmetschern in Kitas und für vieles mehr.
Gelingt es uns nicht, die erforderlichen Gelder aufzubringen, dann fehlt es an Plätzen und die soziale Integration misslingt. Auf keinen Fall darf passieren, dass es am Ende zu Verteilungskämpfen zwischen Familien ohne und mit Fluchterfahrungen kommt, wenn es um die Vergabe von Kita-Plätzen geht. Damit würden wir rechtsgerückte Pauschalisierungen befeuern und die Stimmung könnte kippen.
Vor diesem Hintergrund wirkt der zurückliegende Haushaltszwist zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) geradezu lächerlich. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld gekippt hatte, wollte unser Finanzminister keinen Cent der freiwerdenden Mittel herausrücken. Ohne den Druck der Länder und Kommunen wäre es wohl auch nicht gelungen, dass diese Gelder nun doch für die »Verbesserung der Kinderbetreuung« zur Verfügung stehen. In Artikel 8 des »Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes« ist verankert, dass die Bundesregierung den Ländern und Kommunen die durch den Wegfall des Betreuungsgeldes freiwerdenden Mittel zur Verfügung stellt. Die damit verbundene Summe beläuft sich 2016 auf 339 Millionen Euro, 2017 auf 774 Millionen Euro und 2018 auf 870 Millionen Euro.
Wie gesagt, Kita kann, wer Druck aufbaut. Der aber reicht bei weitem noch nicht aus. Lassen Sie uns lautstark und gemeinsam mit den Ländern und Kommunen die tatsächlich nötigen Summen einfordern. Wie diese sinnvoll im Kita-Bereich eingesetzt werden können, das wissen wir am besten.
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.
»Lassen Sie uns lautstark und gemeinsam mit den Ländern und Kommunen die tatsächlich nötigen Summen einfordern.«