Titelthema
Kita-Parents for Future
Wie sich Eltern in dieser Graswurzelbewegung engagieren und wie die Initiative Kitas auf dem Weg zu mehr Klimaschutz unterstützt, schildern Carolin Stasch, Anja Kreitmeyer und Felicitas Köller.
Die »Fridays for future«-Bewegung schaffte es im Jahr 2019, die breite Gesellschaft wachzurütteln und den Klimawandel auf die politische Agenda zu setzen. Eltern streikender Schülerinnen und Schüler sowie weitere Unterstützende der Bewegung entschlossen sich, den jungen Menschen Rückendeckung zu geben: die Parents for Future. Im Verlauf weniger Monate gründeten sich knapp 300 Ortsgruppen in ganz Deutschland. Innerhalb dieser Graswurzelbewegung haben sich Eltern von Kindern im Kita-Alter, pädagogische Fachkräfte und Kita-Leitungen zusammengefunden, um Ideen und Initiativen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Kita voranzubringen: die Kita-Parents for Future. Initiatoren dieser Gruppe sind Christiane und Marc Niehus aus Dortmund. Marc Niehus erinnert sich: »Als Eltern von zwei Kindergartenkindern haben wir uns bei den Parents for Future engagiert. Über das breite Netzwerk konnten wir im Herbst 2019 schnell viele begeisterte Unterstützerinnen und Unterstützer finden, die sich speziell im Kita-Umfeld betätigen wollten.« Der Startschuss war eine Empfangsgruppe auf WhatsApp. In Diskussionsrunden und Videokonferenzen wurde das Vorgehen basisdemokratisch abgestimmt.
Gemeinsam zur klimafreundlichen Kita
In der Kita lernen Kinder im Spiel mit anderen, sie nehmen Impulse auf, entwickeln ihre Kompetenzen, erwerben das Handwerkszeug für ihr späteres Leben. Gleichzeitig ist die Kita ein Ort der Begegnung für Familien, beispielsweise im Rahmen von Elternabenden, Festen und Ausflügen. Der ideale Nährboden also auch für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aus diesem Gedanken entstand die Idee der Kita-Parents for Future, Informationsblätter mit konkreten Ideen sowie einen Leitfaden für Klimaschutz in der Kita zu entwickeln.
Unter den Gruppenmitgliedern, die den Leitfaden in wenigen Wochen fertigstellten, befinden sich ausgebildete und berufserfahrene Kita-Fachkräfte. Er ist unabhängig vom aktuellen Stand der Einrichtung ein Ideen- und Impulsgeber, der Lust macht, sich als Kita auf das Abenteuer Nachhaltigkeit einzulassen. Kerngedanke ist ein leichter und nachvollziehbarer Einstieg zu einer klimafreundlichen Lebensweise. Der Leitfaden bietet Kita-Fachkräften Anregungen und praxisorientierte Beispiele, die sie individuell gestalten können. Wichtig dabei ist die Grundhaltung der Bewegung im Aktionsraum Kita: eine offene, positive und motivierende Grundhaltung, die allen entgegengebracht wird. Es soll sich niemand gedrängt, ausgegrenzt oder überfordert fühlen. Ziel ist, möglichst viele Menschen für den Klima- und Umweltschutz zu gewinnen. Der Leitfaden steht unter dem Titel »Kinderleicht zum Klimaschutz - Gemeinsam zur klimafreundlichen Kita« unter www.parentsforfuture.de/kita kostenfrei als Download zur Verfügung.
Mit Kindern zur Klimademo?
Auch Luzie Heidemann, Mutter des dreijährigen Theo, hat sich den Kita-Parents for Future angeschlossen. Nachdem sie längere Zeit die Problematik der Klimaerwärmung verfolgt hatte, beschloss sie zu handeln. »Mich hat der Kampf der streikenden Schülerinnen und Schüler um eine lebenswerte Zukunft auch als Mutter sehr bewegt. Alle Eltern wünschen sich eine gute Zukunft für ihre Kinder. Die Verantwortung, diese Zukunft zu ermöglichen, liegt bei uns, nicht bei unseren Kindern.« Und so hat sie parallel zum globalen Klimastreik im November 2019 eine Familiendemo organisiert, die sich der Hauptdemo anschloss. Der Zuspruch war enorm. »Uns war wichtig, dass sich alle beteiligen können, auch Eltern mit kleinen Kindern. Schließlich geht es um deren Zukunft. Es tut gut, selber aktiv zu werden, aber wir müssen auch der Politik aufzeigen, wie wichtig das Thema ist und dass sie schnell handeln muss«, betont die engagierte Mutter.
Nicht jeder fühlt sich wohl bei dem Gedanken, ein Kind auf eine Demo mitzunehmen. Auch wenn in Corona-Zeiten das Gedränge überschaubar ist, sollten die Belange der Kinder an oberster Stelle stehen. Ein Bollerwagen mit passender Wechselkleidung, Proviant und Getränken hilft bei der Versorgung. Damit kein Kind verloren geht, sind Warnwesten und ein Notfallarmband mit Handynummer zu empfehlen. Am 25. September 2020 findet der nächste globale Klimastreik statt.
Kita for Future: Ort der Bildung und des Austauschs
In der Berliner Kita »Villa Pixie« ist Leiterin Dörte Wihan, ebenfalls bei den Parents for Future aktiv, treibende Kraft. Als Fachberaterin für Kita-Leitungen hat das Thema Klimaschutz einen großen Einfluss auf ihre Arbeit. »Wir haben Bio-Kisten, wir versuchen, wo es geht, recyclebare Glasflaschen zu nutzen, also bei Milch, Joghurt und Wasser. Außerdem konsumieren wir möglichst wenig Fleisch und setzen auch auf pflanzliche Ersatzprodukte.«
Ein möglichst reduzierter Milch- und Fleischkonsum in Kombination mit regionalem und saisonalem Obst und Gemüse, am besten in Bio-Qualität, ist in Hinblick auf das Klima ideal. Und die Ernährung ist neben Mobilität und Energienutzung einer der wichtigsten Hebel für einen klimaschonenden Lebensstil. »Uns ist es trägerweit ein großes Anliegen, ökologische Standards zu setzen; das betrifft viele Ebenen und Projekte. So nutzen wir schon seit Jahren Ökostrom und überprüfen gerade den Einsatz von Ecosia als klimafreundliche Suchmaschine. Natürlich gilt das ebenso für den Alltag mit unseren Kindern, unsere pädagogischen Angebote und was im Morgenkreis thematisiert wird.«
Auch Luzie Heidemann wurde im Kindergarten ihres Sohnes aktiv. Sie plante gemeinsam mit dem Förderverein Aktionen wie einen Trödelmarkt mit Informationsmöglichkeiten zum Klimaschutz sowie eine Kleiderbörse. Denn auch die Kleidungsindustrie verursacht immense Emissionen, und so kann schon im Kleinen mit einfachen Mitteln CO2 und Geld in der Familienkasse gespart werden.
Was kann Ihre Kita (noch) zum Klimaschutz beitragen?
Es gibt zahlreiche Initiativen, Wettbewerbe und Projekte mfür Klimaschutz in Kitas. Vielleicht haben Sie sich schon daran beteiligt und ein passendes Konzept für Ihre Einrichtung erarbeitet? Oder stehen Sie noch am Anfang? Die Möglichkeiten, Klimaschutz in der Kita zu verankern, sind sehr vielfältig.
Kindertageseinrichtungen können Konzeptionstage dem Thema widmen und so das ganze Team einbinden und motivieren. Pädagogische Fachkräfte können an Tagungen, Weiterbildungen oder Konferenzen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz teilnehmen. Für erfahrene Einrichtungen ist es sinnvoll, Veranstaltungen für Eltern anzubieten und sie über leicht umsetzbares klima- und umweltfreundliches Handeln im Alltag zu informieren. Dörte Wihan empfiehlt: »Man kann klein anfangen, entwickelt immer mehr Ideen und hat Spaß daran, sich zu engagieren. Das Gefühl ›Wir tun gemeinsam etwas für den Klimaschutz und unsere Umwelt‹ ist toll. Und ich kann nur jeden dazu aufrufen und ermuntern, sich in diese Richtung auf den Weg zu machen!«
Vorschläge für Ihren Klimaschutz-Beitrag
Zusätzlich zum Leitfaden haben die Kita-Parents for Future verschiedene Informationsblätter erarbeitet. Das Prinzip: Verständlich, kurz und faktenbasiert werden konkrete Handlungsempfehlungen und die jeweiligen Vorteile für den Klimaschutz vorgestellt. Bisher liegen Informationsblätter unter anderem zu folgenden Themen vor:
• Umstellung auf echten Ökostrom
• Photovoltaikanlage fürs Kita-Dach
• Kita-Gebäude energieeffizient ausstatten
• Pflanzliche Aktionstage
• Nachhaltige Wetbags statt Plastiktüten für nasse Kleidung
• Insektenwiese anlegen
Unter www.parentsforfuture.de/kita finden Sie Informationen zu weiteren Themen sowie weiterführende Links.
Es ist die Aufgabe von Politik und Gesellschaft, aber auch die jedes Einzelnen, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu erhalten. Wir möchten jede und jeden ermutigen, für den Klimaschutz aktiv zu werden. Ob als Vorbild im kleinen oder großen Kreis, in einer klimafreundlichen Kindertageseinrichtung oder engagiert in der Klimaschutzbewegung: Jeder Beitrag zählt! Allen Kitas auf dem kreativen, bunten und hoffnungsvollen Weg zu einem Ort des Klimaschutzes wünschen wir gutes Gelingen und viel Spaß!
Ansprechpartner und weitere Informationen:
• Carolin Stasch, kita@parentsforfuture.de
• Twitter: KitaforFuture
• www.parentsforfuture.de/kita
Carolin Stasch
Mutter zweier Kinder im Kita-Alter, hat das immense Problem des Klimawandels erst spät auf sich selbst bezogen. Seit dem Moment der Erkenntnis engagiert sie sich bei den Parents for Future für Klimaschutz.
Anja Kreitmeyer
Selbst Mutter, leitet eine Kindertagespflege und ist sowohl bei (Kita-)Parents for Future als auch bei den Pädagogen for Future aktiv.
Felicitas Köller
Mutter eines zweijährigen Sohnes und staatlich anerkannte Kindheitspädagogin, ist Autorin des Leitfadens »Kinderleicht zum Klimaschutz«.