Standpunkt
Was für ein Paukenschlag!
Der Kita-Bereich ist im Konjunkturpaket nicht ausreichend berücksichtigt, kritisiert Frank Jansen.
Zweifelsohne: Kitas sind für Kinder und Familien unverzichtbar. Weitgehend unumstritten ist auch, dass das Bildungs- und Betreuungsangebot so schnell wie möglich wieder hochzufahren ist, schrittweise und verantwortungsvoll. Nicht hinnehmbar ist aber die fast schon grenzenlose Begeisterung in der Koalition über ihr am 3. Juni 2020 selbst geschnürtes Konjunkturpaket »Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken«. Auf Seite 6 steht, was man sich für uns ausgedacht hat, worin der scheinbar dringlichste Handlungsbedarf besteht: »Um im Bereich der Kindergärten, Kitas und Krippen den Kapazitätsausbau zu fördern und Erweiterungen, Um- und Neubauten zu fördern, werden eine Milliarde Euro zusätzlich für Ausbaumaßnahmen bereitgestellt, die in 2020 und 2021 stattfinden. Die Mittel können auch für Umbaumaßnahmen zur Verbesserung der Hygienesituation eingesetzt werden.«
Was für eine Ignoranz angesichts der Erfahrung, dass Kitas gerade in Krisenzeiten nicht wegzudenken sind! Wenn durch das Konjunkturpaket die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft gestärkt werden soll, dann müssen die, die ein solches Investitionsprogramm entwickeln und verabschieden, schon etwas genauer hinschauen. Es gibt da bereits bekannte, aber nun noch sehr viel eklatanter an der Oberfläche aufgetauchte Herausforderungen. Um nur einige zu nennen:
Erstens: Es fehlt hinten und vorne an Fachkräften. Und diese Tatsache wiegt umso schwerer, wenn dann auch noch Kolleginnen und Kollegen ausfallen, weil sie einer Risikogruppe angehören. Investitionen in den Ausbau der Plätze sind notwendig, aber doch wohl nicht so wichtig wie Investitionen ins Personal. Die seit langem geforderte Verbesserung der Rahmenbedingungen würde einen Beruf in der Kindertagesbetreuung attraktiver machen und das Problem lindern. Gelder für die zweite Welle der Fachkräfteoffensive des Bundes wären sinnvoller, als diese aus finanziellen Gesichtspunkten einfach zu streichen. Eine Finanzierung von zusätzlichen nicht-pädagogischen Kräften ist dringend erforderlich. In dieser Zeit schwerpunktmäßig auf den Ausbau des Angebots zu setzen, ist nicht nur unbedarft, sondern verschärft das Problem.
Zweitens: Vor allem in den ersten Wochen der Corona-Pandemie wurde deutlich, wie wichtig die digitale Ausstattung unserer Kitas ist. Ein Großteil der pädagogischen Fachkräfte musste auf private digitale Medien zurückgreifen, um die Kontaktaufnahme mit den Kindern zu Hause zu gewährleisten. Was wir brauchen, ist ein Digital-Pakt für die Kitas, so wie es diesen für Schulen bereits gibt.
Drittens: In den zurückliegenden Monaten hat sich gezeigt, wie wertvoll die mittelbare pädagogische Arbeit der Kitas ist. Dazu gehört neben einer verstärkten Familienberatung auch eine gut vernetzte sozialräumliche Ausrichtung. Dazu brauchen wir in unseren Kita-Teams zusätzlich sozialpädagogisch ausgebildete Fachkräfte. Besonders infrage kommen hier all jene Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund ihres Alters oder wegen möglicher Vorerkrankungen nicht mehr direkt mit den Kindern arbeiten können. Eine Möglichkeit übrigens, Arbeitsplätze alternsgerecht zu gestalten.
Wie es denn auch sei. Das Konjunkturpaket liegt auf dem Tisch, Nachbesserungen sind nicht auszuschließen. Will heißen: Wir müssen noch lauter auf die Pauke hauen, am besten alle gemeinsam.
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.
Folgen Sie Frank Jansen auf Twitter unter @Jansen_KTK