Standpunkt
Mut und Kompetenz mehr wertschätzen
Applaus alleine genügt nicht, meint Frank Jansen.
Kindertageseinrichtungen haben in den zurückliegenden Jahren einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Es gibt kaum jemanden in Deutschland, der oder die nicht begriffen hat, wie wichtig die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte für die Entwicklung von Kindern ist. Von dieser zunehmenden öffentlichen Anerkennung müssten eigentlich auch die pädagogischen Fachkräfte profitieren, so dürfte man zumindest meinen. Ganz so ist es wohl nicht. Mit dem Bedeutungszuwachs gehen in erster Linie erweiterte inhaltliche Erwartungen einher, die die Politik an Kindertageseinrichtungen stellt.
Nehmen wir zum Beispiel einfach einmal das »Gute-Kita-Gesetz«. Für insgesamt zehn Handlungsfelder können die Länder Bundesmittel abrufen. Gerade mal drei Handlungsfelder zielen auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Das muss nun auf den ersten Blick nicht irritieren. Beim genaueren Hinsehen aber schon. 5,5 Milliarden Euro können bis 2022 von den Ländern abgerufen werden. Gemäß dem »Gute-KiTa-Bericht 2020« des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands sind bislang 3,9 Milliarden Euro in Anspruch genommen worden. Davon fließen in eine Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels 26,1 Prozent, in bessere Arbeitsbedingungen für Leitungskräfte 14,6 Prozent und in die Gewinnung und Sicherung pädagogischer Fachkräfte 9,8 Prozent der Mittel. 29,1 Prozent werden von den Ländern genutzt, um Eltern bei den Kita-Beiträgen zu entlasten oder diese ganz davon zu befreien. Der Rest fließt in inhaltliche Themen.
Zu große Gruppen, zu wenig Personal, zu wenig Zeit für Leitungsaufgaben und eine Bezahlung, die nicht mehr angemessen ist: Das sind die Themen, mit denen sich die pädagogischen Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen tagtäglich herumschlagen. Und das in einer Zeit, in der klar wurde, dass wir es hier mit einem systemrelevanten Beruf zu tun haben. Gerade zu Beginn der Corona-Pandemie wurde unter Beweis gestellt, was wir ohnehin schon lange wissen. Viele der Kolleginnen und Kollegen haben die Notbetreuung von Kindern übernommen, deren Eltern in systemrelevanten Arbeitsfeldern tätig sind. Damit sind sie besonders in der Krisenzeit zu einem unverzichtbaren Pfeiler unserer Gesellschaft geworden. Mittlerweile sind wir zum Regelbetrieb übergegangen und nach wie vor ist viel Mut gefragt. Sie alle in den Kindertageseinrichtungen riskieren Ihre Gesundheit für die Gesellschaft, da Sie sich nur bedingt gegen eine Infektion schützen können. Halten wir uns einfach einmal den Mut und die Selbstverständlichkeit vor Augen, mit denen die Kolleginnen und Kollegen in der Praxis das Kita-System aufrechterhalten. Es ist einfach beschämend, wie schwer wir uns damit tun, länderübergreifend für optimale Fachkraft-Kind-Schlüssel und für mehr Leitungsressourcen zu sorgen.
Der Mut und die Kompetenz der pädagogischen Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen verlangt nach einer gerechteren Anerkennung. Und zwar nicht durch Applaus, sondern durch eine langfristige Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Vergütung. Eine Notwendigkeit, die auch außerhalb irgendwelcher Krisenzeiten nicht von der Hand zu weisen ist.
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.
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