Standpunkt
Keine Schranken im Kopf!
Noch bevor sich in politischen Kreisen die Forderung nach beitragsfreien Kita-Plätzen so richtig etabliert, stehen die Kritiker parat. Diesmal kommt der Tadel nicht unbedingt nur vom jeweils politischen Gegner. Nein, auch manch Kita-Lobbyist meldet sich zu Wort. Befürchtet wird, dass durch die Abschaffung der Kita-Gebühren Gelder verloren gehen, die zwingend in die Qualität von Kindertageseinrichtungen investiert werden müssen. Diese Sorge ist nachvollziehbar, darf aber nicht zum Totschlag-Argument werden. Denn eines geht nicht: beide Herausforderungen gegeneinander auszuspielen. Die politischen Pläne, Kita-Gebühren bundesweit abzuschaffen, sind nicht nur wünschenswert, sondern auch folgerichtig. Die Umsetzung dieser bildungs- und familienpolitischen Maßnahme ist lange überfällig. 3,5 Milliarden Euro jährlich würde das nach Auskunft von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) kosten, mehr nicht.
Es wird kaum jemanden geben, der heute noch die Bedeutung von Kindertageseinrichtungen für eine erfolgreiche Bildungsbiografie von Kindern anzweifelt. Alleine deswegen ist die beitragsfreie Kita nicht nur berechtigt, sondern zwingend logisch und konsequent: Warum ist der Schulbesuch gratis, während Eltern für Kitas in den meisten Regionen unserer Republik zum Teil immer noch tief in die Tasche greifen müssen? Im Durchschnitt bezahlen sie 160 Euro pro Monat und Kind, also knapp 2000 Euro im Jahr. Auch Studiengebühren sind mittlerweile so umstritten, dass diese vielerorts wieder abgeschafft werden. Stellen wir das Bildungssystem folglich vom Kopf auf die Füße. Bildung beginnt in Kitas, und die müssen mit allen anderen Bildungsinstitutionen gleichgestellt sein. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre es, die Kita-Gebühren abzuschaffen.
Nicht nur bildungspolitisch, sondern auch arbeitsmarkt- und frauenpolitisch betrachtet sind die Angebote von Kindertageseinrichtungen eine wichtige Größe. Alleine durch den Ausbau des Angebots für Kinder unter drei Jahren ist die Berufstätigkeit von Frauen enorm gestiegen. Und damit auch die Chance, dass beispielsweise Alleinerziehende die Möglichkeit haben, sich eigenständig ökonomisch abzusichern. In vielen Fällen ist es heute aber immer noch so, dass gerade Frauen mit einem geringen Einkommen ihre Kinder nicht in die U3-Betreuung schicken, weil ihnen diese zu teuer ist und es sich im Verhältnis dazu für sie finanziell nicht lohnt, arbeiten zu gehen. Gerade für Mütter steckt in diesem Dilemma ein enormer Nachteil, wenn es um die Höhe ihrer späteren Rente geht. Hinzu kommt, dass die Abschaffung der Kita-Gebühren für viele Familien eine große finanzielle Entlastung wäre. Gerade für Familien mit niedrigem Einkommen.
Was die Finanzierung angeht: Knapp 1,2 Milliarden Euro sind durch das verfassungswidrige Betreuungsgeld frei geworden. Damit wäre ein Teil der fehlenden Kita-Gebühren schon refinanziert. Und wenn sich das Ganze nicht von heute auf morgen umsetzen lässt, dann gehen wir doch einfach schrittweise dran. Beginnen wir bei den Familien, die über ein nur geringes Einkommen verfügen, und weiten die beitragsfreie Kita peu à peu aus.
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.