Standpunkt
Handlungsbedarf
Paul Nowicki sieht die Politik in der Pflicht, aktiv zu werden.
Der Beruf als Erzieher*in ist ein Traumberuf. Es ist faszinierend, junge Menschen in der entscheidenden Phase ihres Lebens zu begleiten und ihre Entwicklung zu unterstützen. Doch diese positive und starke Motivation, die zum Ergreifen des Berufs führt, gerät durch die Rahmenbedingungen der sich stetig verändernden Kita-Landschaft unter Druck.
Auf Bundesebene ist die Regierung deshalb dabei, ihr im Koalitionsvertrag gegebenes Versprechen einzulösen, bis 2025 ein Qualitätsentwicklungsgesetz zu verabschieden. Es soll das Gute-Kita-Gesetz ablösen, das bis Ende 2024 gilt. Ein solches Bundesgesetz wird nicht alle Aspekte aufgreifen können, für die ein verbindlicher Standard sinnvoll ist. Auf Bundesebene kann nur ein Rahmen gesetzt werden, in dem die Bundesländer ihre Bildungshoheit ausgestalten.
Es gibt aber Themen, bei denen ein bundeseinheitlicher Standard eine umfassende Wirkung für eine qualitative Weiterentwicklung der Betreuung, Bildung und Erziehung in der Kita entfalten kann. Als KTK-Bundesverband setzen wir uns deshalb engagiert dafür ein, dass eine an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Fachkraft-Kind-Relation festgeschrieben wird. In dem daraus bemessenen Personalschlüssel darf die mittelbare Arbeitszeit nicht eingerechnet sein. Aber auch andere Themen, wie eine adäquate Leitungsfreistellung, die dem Führen von immer weiter ausdifferenzierten Teams und den gestiegenen Verwaltungsanforderungen gerecht wird, eine finanziell auskömmlich ausgestattete Fortbildungsmöglichkeit und eine gute Fachberatung gehören dazu.
Eine weitere Forderung, für die der KTK-Bundesverband steht, ist die alltagsintegrierte Sprachförderung. Das Bundesprogramm, das bisher nur einzelne Einrichtungen gefördert hat, geht im Juli in die Verantwortung der Bundesländer über. Dadurch soll die Sprachförderung, deren besondere Bedeutung für einen guten Zugang zu Bildung unstrittig ist, verstetigt und in die Fläche ausgebreitet werden. Ziel ist, die ausgebildeten Sprachförderkräfte und die dafür eingesetzten Fachberatungsstunden zu erhalten. Wie das gelingt, wird ein Gradmesser sein für das Zusammenspiel von Bund und Ländern bei der Weiterentwicklung der Kita-Landschaft.
Doch angesichts des Fachkräftemangels, der uns noch Jahre begleiten wird, sind solche Forderungen und gesetzgeberische Initiativen nur realistisch, wenn der Berufsstand weiter an Attraktivität gewinnt. Dazu müssen die Zugänge zur Ausbildung weiter ausdifferenziert werden. Multiprofessionelle Teams, in denen auch Menschen mit anderen beruflichen Abschlüssen als Fachkräfte anerkannt werden, sollten selbstverständlich sein. Fachkräfte, die sich beruflich weiterbilden, müssen in dafür ausdifferenzierten Aufgaben, Rollen und Verantwortungsbereichen eingesetzt und auch adäquat entlohnt werden.
Solche Veränderungen benötigen Zeit und helfen in der aktuell belastenden Situation nicht unmittelbar. Gerade in dieser Situation sollte uns bewusst sein, dass die Kita ein guter und wesentlicher Lebens- und Lernort für unsere Kinder ist. Durch die Motivation und das hohe Ideal, mit der die überwältigende Mehrheit aller Erzieher*innen auch in der derzeitigen Krisenzeit ihrem Beruf und ihrer Berufung nachgehen, steht das Wohl der ihnen anvertrauten Kinder im Mittelpunkt.
Dies muss anerkannt werden. Wichtig sind dafür vor allem deutliche politische Signale, dass die jahrelange Überlastung des Arbeitsfelds gesehen wird und massive Anstrengungen unternommen werden, um die Situation zu verbessern.
Paul Nowicki
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.