Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
»Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut«, so hat der bayerische Komiker Karl Valentin ein Dilemma humoristisch auf den Punkt gebracht, das heute auch viele Kinder kennen. »Das darfst du nicht«, »Das ist zu gefährlich«, »Das ist verboten« sind Sätze, die Eltern und Pädagog*innen schnell auf den Lippen haben, im Bestreben, Kinder vor Gefahren zu schützen. Doch dann »hat das Kind nichts gelernt, außer dass da irgendjemand Großes ist, der mir sagt, ich darf irgendetwas nicht«, zitiert unsere Autorin Gerburg Fuchs in ihrem Beitrag den Geschäftsführer der Unfallkasse Nord, Jan Holger Stock. Er betont: Das »Abschirmen von sämtlichen Gefahren führt zu keinerlei Erfahrung und damit auch zu keinerlei Weiterentwicklung im körperlichen oder geistigen Bereich« (Seite 12).
Es geht nicht darum, Kinder absichtlich in Gefahr zu bringen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt aktiv zu sein, eigene Grenzen auszuloten und Risiken angemessen zu bewältigen. Das Kita-Team spielt hier eine entscheidende Rolle, indem es den Kindern Sicherheit und Orientierung bietet, ohne sie in Watte zu packen. Es geht darum, ihnen vielseitige Bewegungsanreize zu bieten und in einem geschützten Rahmen Grenzerfahrungen zu ermöglichen. Denn durch das Erwerben von Risikokompetenz entwickeln Kinder wichtige Fähigkeiten, die ihnen dabei helfen, in einer immer komplexer werdenden Welt zurechtzukommen. Zumuten, zulassen, zutrauen sind in diesem Zusammenhang die pädagogischen Zauberwörter.
Mit diesem Heft möchten wir Ihnen den Rücken stärken und Argumentationshilfen für das Gespräch mit Eltern an die Hand geben ‒ und Ihnen Mut zu mehr Wagnis im Kita-Alltag machen. Es lohnt sich!
Ihre
Irene Weber, Chefredakteurin