Titelthema
»Ihr macht einen tollen Job!«
Die Kita-Leiterin Jeannette Bury berichtet, wie sie und ihr Team in diesen herausfordernden Zeiten den Alltag mit Kindern gestalten und wofür sie ihren Mitarbeitenden dankt.
Als Bildungsbegleiterinnen1 der uns anvertrauten Kinder stellt jeder Tag »uns als Team« vor neue Herausforderungen, um Kinder zu begleiten, sie zu fördern und ihnen eine Atmosphäre der Geborgenheit zu bieten.2 Ich spreche von »uns als Team« daher, da in einer kleinen Einrichtung wie der unseren die Leitung zwei Arbeitsbereiche hat: einmal die aktuell zunehmenden Büroarbeiten als Leitung und die aktive pädagogische Arbeit »mit dem Kind«. Die Begleitung der Kinder in Augenhöhe bietet die Chance, in unserer Kita mit beiden Beinen auf dem Boden des Lebens zu stehen und von Gott behütet den Kindern den Schlüssel zur Welt in die Hand zu geben, damit sich alle Türen auf ihrem weiteren Lebensweg öffnen lassen. Für diese wertvolle und verantwortungsvolle Aufgabe möchte ich als KitaLeitung einmal deutlich meinem Team danken.
Immer wieder gibt es jedoch äußere Umstände, wie personelle Engpässe, zunehmende Aufgaben, individuelle Wünsche von Familien, Aufgaben vom Träger oder Neuerungen seitens der Politik, die einem das Gefühl geben, dass die geleistete Arbeit nicht aus reicht.
Schnelllebige Zeiten setzen Fachwissen und Kompetenz voraus
Die Welt außerhalb der Kita verändert sich ständig, hat hohe Anforderungen oder verunsichert Erziehende in ihren Handlungen. Das bedeutet, Kita-Fachkräfte müssen Flexibilität, Ideenreichtum und Kreativität besitzen, um den Kindern die Möglichkeit zu bieten, sich zu entfalten und sich die Kompetenzen anzueignen, die sie für ihr Leben benötigen. Sich im Kollegium wohl und wertgeschätzt zu fühlen, unterstützt diese Arbeit.3 Im Alltag ist es hilfreich und entlastend, dass man ähnliche Arbeitsweisen hat oder sich ergänzen kann.
Unser Team nimmt den Alltag mit den Kindern als wertvolles Erfahrungsfeld wahr. Die Teammitglieder erleben das Arbeiten mit den Kindern und den Kolleginnen als Bereicherung und schöpfen Freude und Zufriedenheit daraus. Mit dem Wissen um das lebenslange Lernen bewegen sie sich auf die Kinder und Kolleginnen zu und sehen in dem täglichen Mit einander eine große Chance.
Ihnen ist bewusst, dass sie nicht für alles eine Antwort haben müssen, und sie gehen gemeinsam mit den Kindern auf die Suche nach Lösungen. Sie begeben sich mit den Kindern auf Entdeckungsreise, indem sie gemeinsam in Büchern nachschauen oder überlegen, wer oder was ihnen bei der Lösungsfindung behilflich sein könnte. Sie schildern, dass das gemeinsame Lernen mit den Kindern Spaß macht und sie täglich mit und durch die Kinder Neues lernen.
Es setzt einen hohen Grad an Empathie den Kindern gegenüber und auch ein hohes Maß an Engagiertheit voraus, die Qualität der eigenen Arbeit immer wieder neu zu überdenken. Die Fachkräfte verfolgen die aktuellen Hinweise zur Pädagogik sowie zur Psychologie mit dem Blick auf die Qualitätssicherung durch Fort und Weiterbildung und ziehen daraus ihre Schlüsse, was in der Kita davon wie umsetzbar ist, und bieten den Eltern ihr Fachwissen in der Beratung an. Sie reflektieren immer wieder ihre Haltung »dem Kind gegenüber«, hören auch auf ihr Bauchgefühl, greifen auf Erfahrungen zurück und können bei den Kindern »ablesen«, ob sie sich auf einem guten Bildungsweg befinden.
Wenn die Kinder uns ein Lächeln schenken, ist das für uns jedes Mal ein Zeichen der Wertschätzung, das uns in unserer Arbeit bestätigt. Auch Wertschätzung vonseiten der Familien und der KitaLeitung gibt ein aufbauendes Gefühl.
Bindungsarbeit in der Eingewöhnung ermöglicht Vertrauen
Eine gut umgesetzte Eingewöhnung im Krippenbereich ist die Basis der weiteren KitaZeit. Dabei ist ein enormes Einfühlungsvermögen und große Ruhe in der Betreuung wichtig. Beziehung zu unseren neuen Kindern und deren Erziehenden aufzubauen ist herausfordernd, jedes Elternteil muss individuell mit »abgeholt« werden. Dazu haben wir ein am Kind orientiertes Konzept zu einer sanften Eingewöhnung entwickelt.
Aufgrund der fachlichen Ebene, aber auch aufgrund der Beziehungsebene sind die Erzieherinnen auch Ansprechpartnerinnen und Beraterinnen für die Eltern. Sie planen die Eingewöhnungszeit stufenweise, führen Gespräche auf offene, freundliche und verständnisvolle Weise, vermitteln den Familien eine Vertrautheit, die sie auch zurückgespiegelt bekommen. Ein offenes Ohr für die Belange oder Sorgen der Eltern zu haben und ihre Anliegen ernst zu nehmen ist eine Aufgabe, die auch ich als KitaLeitung mit übernehme. Die Zeit der Eingewöhnung bietet für uns die Chance, einen engen Kontakt zu den Eltern aufzubauen und eine Basis für die weitere vertrauensvolle Kooperation mit ihnen zu etablieren.
Die Selbstständigkeit der Kinder fördern
»Hilf mir, es selbst zu tun. Zeig mir, wie es geht«, dieser Leitgedanke von Maria Montessori, an dem wir uns in der Begleitung der Kinder orientieren, setzt Engagiertheit aller Mitarbeitenden voraus. Unserem Team ist es wichtig, dass die Kinder nicht nur zu versorgen sind, sondern dass ihnen neben Geborgenheit auch Bildungsmöglichkeiten geboten werden. Die hohe Selbstständigkeit der Kinder in unserem Kinderhaus setzt eine gut vorbereitete Umgebung voraus. Nur durch Offenheit des Teams erschließen sich schon für die Jüngsten im Alltag viele Bildungsmomente. Es ist zu spüren, dass das Team die Arbeit mit Kindern einfach gerne macht.
Ritualisierte Situationen geben dem Alltag Struktur und den Kindern dadurch Halt. Dies wiederum dient uns Fachkräften als Unterstützung und gibt uns die Möglichkeit, eine harmonische Atmosphäre zu schaffen, trotz schwieriger Personalsituationen. Dadurch, dass Glaswände Einblicke in die Nebenräume ermöglichen, können sich die Kinder auch bei knapper Personalsituation in mehreren Räumen verteilen. Eine strukturierte Beschilderung sorgt auf einfache Weise für Ordnung.
Positiv wirkt sich, sei es mental oder ganz praktisch, die unterstützende Mitarbeit durch die KitaLeitung aus. Sie hat ein offenes Ohr und Verständnis für unterschiedliche Situationen, unterstützt und sucht gemeinsam Lösungen. Ein gutes kollegiales Team, das untereinander im Austausch ist, Absprachen trifft und Fallbesprechungen mit Kolleginnen vornimmt, ist wiederum eine Erleichterung im Umgang mit den Kindern.
Pädagogische Fachkräfte sind Lehrende und Lernende zugleich: Wir Fachkräfte wissen, dass im Wort Fehler das Wort Helfer steckt, und lassen die Kinder Fehler machen und diese auch selbst entdecken. Diese selbst zu beheben und daraus zu lernen, ist für sie ein wichtiger Entwicklungsschritt. Es ist eine Wohltat, Kinder bei ihrer Entwicklung zu beobachten, zu sehen, wie sie ihre Welt entdecken, sich ausprobieren und immer selbstbewusster werden. Genauso darf auch eine Fachkraft hinzulernen. Sich ausprobieren und sich gegenseitig unterstützen, nach Kompetenzen Ausschau halten und ressourcenorientiert Lösungen finden, ist eine wichtige Basis unserer Teamgemeinschaft.
Wie wir mit dem Faktor »Zeit« umgehen
Mir als KitaLeitung ist es wichtig, im Dienstplan Zeit für gemeinsame Gespräche, Austausch und kollegiale Beratung, Planung und Reflexion zur Verfügung zu stellen. Im Angesicht von personellen Engpässen und fehlendem Personal ist dies oft nicht ganz einfach umzusetzen. Und doch muss man Zeitfenster in der Woche suchen und diese einbauen. Das aber wiederum gelingt nur, wenn dies auch im Team einen hohen Stellenwert besitzt. Die Bereitschaft, sich gegenseitig Zeit einzuräumen, hilft auch in schwierigen Zeiten. Ein wirklich wichtiger und unterstützender Punkt ist ein strukturierter Dienstplan mit fairen Arbeitszeiten, in dem die Zeit für die unterschiedlichen Aufgaben klar eingeplant ist.
Unser Bildungsmaterial (Sinnesmaterial) »der täglichen Übungen« benötigt erst einmal Fantasie bei der Herstellung. Auch die regelmäßige Kontrolle auf Vollständigkeit setzt viel Engagement voraus. Es braucht vonseiten der Fachkräfte viel Einsatz und Kreativität, um den Kindern immer wieder neues Bildungsmaterial oder zu Projektthemen passendes Material zur Verfügung zu stellen. Auch hier muss dafür gesorgt werden, dass ausreichend Zeit zur Verfügung steht.
Bei alltäglichen Herausforderungen darf man den Mut haben, auch mal Dinge liegen zu lassen, die nicht unbedingt gemacht werden müssen, um sich Zeit für das Wichtigste zu nehmen. Für die regelmäßigen Beobachtungen der Kinder und die Dokumentation der Entwicklungswege und fortschritte eines jeden Kin des nehmen wir uns die nötige Zeit und tauschen uns darüber aus.
Es ist ein lebhaftes Durcheinander im Kita-Alltag, das durch die Erzieherinnen und Auszubildenden mit Geduld gelenkt, begleitet und unterstützt wird. Hierzu sind auch Zeiten des Auftankens nötig. Sich untereinander kleine Auszeiten zu gönnen ist unserem Team wichtig. Das kann bedeuten, dass man sich gegenseitig mal eine Tasse Kaffee bringt, einen Apfel genießt oder vom Koch einen frischen Ingwertee gekocht bekommt. Zusammen am Abend einen Restaurantbesuch zu vereinbaren, im Grünen spazieren zu gehen, gemeinsam zu lachen und auch mal Zeit zu finden, sich nach privaten Dingen zu erkundigen, ist teamfördernd.
Gerade in belastenden Zeiten sind ein guter Austausch im Team und mit den Eltern sowie gute Absprachen für den konkreten Tagesablauf genauso wichtig wie Fallbesprechungen mit Kolleginnen. Sie bilden damit eine Erleichterung für den Alltag und im Umgang mit den Kindern.
Mit einem Lächeln geht alles einfacher. Spaß und Freude zu behalten und ein Lachen in die Kinderaugen zu zaubern, ist genauso wichtig, wie sich schon an kleinen Lernerfolgen der Kinder zu freuen. Unsere Arbeit mit den Kindern, die Förderung und Begleitung ihrer Entwicklung benötigen, gelingt uns gut.
Wofür ich meinem Team danken möchte
Dank für Flexibilität
Ideen zu entwickeln und Kindern Anregungen zu bieten, sich immer wieder zu reflektieren und Beobachtungen auszuwerten, um daraus neue Angebote umzusetzen, bedarf einer hohen Spontanität und Flexibilität. Sehr oft müssen sich KitaFachkräfte auf spontane Situationen einstellen, ihre Perspektive wechseln und flexibel handeln.
Das Abwarten und Aufschieben von Bedürfnissen ist ein Lernprozess für Kinder, den die Fachkräfte täglich begleiten. Genauso begleitet wird der Lernprozess, dass das Kind nicht allein in der Gruppe ist, das »Bildungsmaterial« nur in begrenzter Anzahl zur Ver fügung steht und Kinder in die Kommunikation untereinander gehen müssen. Diese sozialemotionale Heranreifung bedarf der Geduld, guten Zusprechens oder des Tröstens vonseiten ihrer Bildungsbegleiterinnen. Den Blick der Erzieherinnen auf die Kinder und die Überlegung, welches Bildungsmaterial aktuell für das jeweilige Kind angebracht ist, an welchem Punkt und wie sich das Kind in das Projektthema einbinden lässt oder welche Aufgabe es für die Gemeinschaft übernehmen könnte, setzt Beobachtungsgabe und Organisation durch die Fachkräfte voraus.
Dank für die inklusive Arbeitshaltung
Jeden Tag gibt mein Team den Kindern neu die Möglichkeit, sich zu entfalten; jeden Tag gehen sie mit neuem Blick auf das jeweilige Kind zu. Oft befinden sich junge Kinder zusammen mit Kindern mit Beeinträchtigungen und älteren Kindern in einem Bereich. Es ist eine enorme Herausforderung, jedes Kind passend zu seinem Entwicklungsstand zu fördern. Gerade in der aktiven Umsetzung von Inklusion ist das aber wichtig.
Dank für unsere »Oase«
Neben den vielen Aufgaben in der Zeit »am Kind« gibt es noch so einige Aufgaben, die nur mittelbar mit der pädagogischen Arbeit zu tun haben. Hierzu zählt nicht nur das Vor und Nachbereiten und die Pflege der Bildungsbereiche im Haus, sondern auch die Pflege des Außengeländes unserer Kita. Um den Lebenskreislauf und somit die Schöpfung den Kindern erlebbar zu gestalten, bedarf es Einsatz! Gemüse muss gesetzt und gepflegt werden, Obst geerntet, Blumen gesät, der Rasen gemäht, Sand gefegt … Andererseits gibt es uns Energie, in unserer »Oase«, im Grünen durchzuatmen und uns Erholungszeiten in unserem schönen Außengelände einzuräumen. So können wir neue Kraft schöpfen.
Dank für Sensibilität und Feingefühl
Das Dokumentieren der Entwicklung und die Entwicklungsgespräche zwischen Eltern und Fachkräften geben Einblick in das Handeln des Kindes innerhalb der KitaGemeinschaft. Sie dienen aber auch dazu, Förderziele festzulegen. Das Team geht mit großer Sensibilität, Feingefühl und wertschätzender Haltung in einen vertrauensvollen Austausch mit den Eltern. Wenn man dann eine positive Rückmeldung von den Eltern erhält, wirkt dies aufbauend.
Dank an alle Mitarbeitenden unserer Kita
Zusammenfassend möchte ich betonen, dass die pädagogischen Fachkräfte und Auszubildenden, aber auch die Personen im hauswirtschaftlichen Bereich, eine wichtige und wertvolle Arbeit leisten. Sie motivieren sich für die ihnen anvertrauten Kinder täglich neu. Mein Dank richtet sich auch an unsere Reinigungskraft, die oft nachmittags in der Garderobe ihre Hilfe anbietet, sich zu den Jüngsten hinzusetzt, die mehr Hilfe beim Anziehen benötigen, oder einfach Liegengebliebenes aufräumt. Für das leibliche Wohl muss ebenfalls gedankt werden, denn darum kümmert sich unser Koch. Das von ihm täglich frisch zubereitete Mittagessen unterstützt die Gesundheit und die gute Laune der Kinder und aller anderen in unserer Einrichtung. Mein Dank gilt auch unserem Hausmeister, der immer mit Humor eine Idee für anfallende Reparaturen hat. Last, not least: Das Vertrauen in unsere Arbeit seitens unseres Trägers unterstützt uns und gibt uns eine Grundsicherheit.
Ihr alle begleitet eine wichtige Entwicklungszeit, die die Grundlage weiterer Lebensabschnitte der Kinder ist, und könnt stolz auf eure Arbeit sein! Danke für euren Schlüssel zur Welt, den ihr in der Hand habt, um Türen des KitaLebens zu öffnen! Ihr macht einen tollen Job!
Jeannette Bury
Leiterin der katholischen Kita Heiliger Schutzengel in Berlin-Britz, Fachkraft für Inklusion und Teilhabe mit Montessori-Diplom, Schwerpunkt Heilpädagogik.
Anmerkungen
1 Aufgrund der Tatsache, dass bei uns nur weibliche Fachkräfte tätig sind, wird im Text auch nur die weibliche Form verwendet.
2 Dieser Text beruht auf Interviews mit den Mitarbeitenden der Kita Heiliger Schutzengel in Berlin-Britz und wurde als Bericht zusammengefasst von Jeannette Bury.3 Die gute Zusammenarbeit und der Zusammenhalt im Team wurden auch im Bericht zur Externen Evaluation hervorgehoben: »Ein wertschätzendes Miteinander im Team ist - trotz manchmal divergierender Meinungen - während der Evaluation spürbar und überträgt sich sicherlich auf den positiven Umgang mit den Kindern und der Kinder untereinander. Die Kolleginnen, die noch nicht so lange im Team sind, sind gut integriert und werden mit ihren Anregungen und Anfragen ernst genommen. So können sie sich gestaltend einbringen und ergänzen die bewährte Arbeit.«