Standpunkt
Nicht alles geht …
Irgendwo hört der Spaß auch mal auf, meint Frank Jansen mit Blick auf verbreitete Kennenlernspiele und Ähnliches.
Beim Lesen werden Sie gleich denken: Oh, im Vergleich zu den Standpunkten vorher fällt dieser hier aus dem Rahmen. Das stimmt. Es geht nicht ums »Gute-Kita-Gesetz« oder um sonst ein fachpolitisches Thema. Dafür geht es aber um etwas aus dem Leben vieler Kolleginnen und Kollegen in den Kindertageseinrichtungen: um angeordnete Einstiegsmomente in Fortbildungen. Die Idee dazu kam von bayerischen Kita-Leiterinnen, die einen unerschöpflichen Erfahrungsschatz gruppenpädagogischer Entgleisungen im Gepäck hatten. Und in deren Auftrag schreibe ich.
Bei diesem Thema handelt es sich mitnichten aber um ein typisch bayrisches Phänomen. Es tritt in allen Landesteilen unserer Republik auf und bringt nicht nur Leitungen von Kitas in Rage. Nein, es betrifft alle pädagogischen Fachkräfte, die an Fortbildungen teilnehmen. Und zwar immer wieder aufs Neue und vor allem in Form von »spielerischem Einstieg« und »kreativem Ausklang«. Sie haben schlichtweg genug von diesen verhaltenskreativen Momenten, ja, sie haben die Schnauze voll.
Mit viel Spaß in eine Fortbildung zu starten ist schon sinnvoll. Spaß setzt Ressourcen frei und motiviert, sich auf Neues einzulassen. Wenn wir unter Spaß allerdings karnevalistische Zustände verstehen und polonaisemäßig durch den Seminarraum ziehen, dann wird aus lustig leider lächerlich.
Ob Mitte 20 oder kurz vor der Rente - die Kolleginnen und Kollegen wollen zu Beginn von Fortbildungsveranstaltungen keine Wollknäuel werfen oder gordische Knoten entwirren. Auch widerstrebt es ihnen, sich hüpfend mit den anderen im Raum zu bewegen, um an ihrer »Haltung« zu arbeiten. Sie interessieren sich nicht dafür, was die anderen in ihrem Rucksack mit zur Fortbildung gebracht haben, erst recht nicht dafür, was zu Hause bleiben musste. Wie weit weg dieses Zuhause ist, mag schon gar niemand wissen.
Sie möchten keine Signale mit dem Ellenbogen über ihren spontanen Sympathiewert bekommen. Und sie wollen auch nicht zu Beginn der Fortbildung sagen müssen, was sie von den nächsten Tagen erwarten. Was, wenn sie damit voll daneben liegen und die Referentin oder der Referent das gar nicht erfüllen kann? Mindestens genauso schlimm sind Einstiege in den zweiten Fortbildungstag mit dem vielerorts bekannten »Restestein«, der die Runde macht. Sie kennen das nicht? Dann können Sie noch nicht so oft auf einer Fortbildung gewesen sein. Sei’s drum. Jedenfalls kriegt man den »Restestein« und muss erzählen, was einen mit Blick auf den letzten Tag noch bewegt. Also innerlich, nicht inhaltsbezogen. Hat man es gesagt, gibt man den Stein weiter. Was man sagt, ist völlig egal und spielt im weiteren Verlauf auch keine Rolle. Am schlimmsten aber sind die Abschlussrunden, in denen man gefühlt stundenlang die gesamte Fortbildung Revue passieren lässt und das Gelernte mit seinen ursprünglichen, bereits erwähnten Erwartungen abzugleichen hat.
Was ist los auf unseren Fortbildungen? Offensichtlich gibt es da zu viel Zeit für Sachen, die von den Teilnehmenden niemand mag. Und am Ende machen die Kolleginnen und Kollegen solche Einlagen mit den Eltern auf den Elternabenden. Nur weil sie selbst darüber so wütend sind. Und jetzt fragen Sie mal die Eltern, was die davon halten …
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.
Folgen Sie Frank Jansen auf Twitter unter @Jansen_KTK