Standpunkt
Zum Glück!
Ein Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschulkinder ist in Sicht - glücklicherweise, meint Frank Jansen.
Am 1. August dieses Jahres wurde der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege ab dem ersten vollendeten Lebensjahr vier Jahre alt. Über 763 000 Kinder nutzen derzeit dieses Angebot. Damit liegt die Betreuungsquote mittlerweile bei über 34 Prozent, Tendenz steigend, ein Bedarf von 46 Prozent wird prognostiziert.
Der Rechtsanspruch für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt gilt seit 1996. Fast zweieinhalb Millionen Kinder dieser Altersgruppe besuchen aktuell eine Kindertageseinrichtung. Bei den Fünfjährigen liegt die Betreuungsquote bei 97,3 Prozent.
Da stellt sich zwangsläufig doch die Frage, wo all diese Kinder bleiben, wenn sie in die Grundschule gehen und der Unterricht zu Ende ist. Dann nämlich reißt die milliardenschwere Betreuungskette ab und viele Eltern stehen vor einem riesigen Problem: Die klassische Schule ist in Deutschland nach wie vor die Halbtagsschule.
Was seit Jahren trotz eines großen politischen Engagements im Bereich der Kindertagesbetreuung völlig unberücksichtigt blieb, wird nun von Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) in Angriff genommen: ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder nach dem Vorbild des Kita-Rechtsanspruchs. Eine politische Initiative, die zwingend erforderlich und seit vielen Jahren überfällig ist. Und das nicht nur deswegen, weil dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wird. Nein, auch für Kinder dieser Altersgruppe ist es mehr als wichtig, nach dem Unterricht ein Angebot nutzen zu können, durch das eine verlässliche Betreuung, eine sinnvolle Freizeitgestaltung verbunden mit einer kindgemäßen Hausaufgabenbetreuung gewähr- leistet wird. Eine Notwendigkeit und Chance gerade auch für Kin- der, die von benachteiligten Lebenssituationen betroffen sind.
Informationen des Familienministeriums zufolge haben 44 Prozent der Grundschulkinder nach dem Unterricht kein Betreuungsangebot mehr. Die konkrete Ausgestaltung eines möglichen Rechtsanspruchs will die Bundesministerin nun unter anderem mit den Ländern diskutieren. Auch die finanzielle Beteiligung des Bundes soll dabei ein Thema sein. Bleibt nur zu hoffen, dass sich Bund und Länder hier ähnlich erfolgreich verständigen, wie das bei all den Investitionen in den Krippenausbau gelungen ist.
Nur eines sollte dabei bitte nicht vergessen werden: In den zurück- liegenden Jahren wurde der Kinderhort vielfach als Auslaufmodell tituliert. Das darf so nicht bleiben. Wer über einen Rechtsanspruch für Grundschulkinder nachdenkt, sollte den Hort nicht außen vor lassen.
Am Ende darf bei der ganzen politischen Debatte nicht ausschließlich ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagsschule herauskommen. In den zurückliegenden Jahren hat sich die Arbeit in den Kinderhorten als ein gutes und verlässliches Konzept herauskristallisiert, das den Bedürfnissen und Interessen von Schulkindern gerecht werden kann.
Frank Jansen
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.