Standpunkt
Krippenkinder beteiligen
Kinder sind von Anfang an bereit und in der Lage, sich einzubringen, betont Paul Nowicki.
»Wer anderen Blumen sät, blüht selber auf!« Mit diesem Zitat wurde mir als kleines Dankeschön für meinen Einsatz in einer Kindertageseinrichtung ein liebevoll verpacktes Tütchen mit einer bunten Mischung Blumensamen überreicht.
Samen also, keine Blumen! Bevor mich also bunte Blumen erfreuen, muss ich erst einmal einen passenden Standort finden, den Samen einsäen, ihn regelmäßig wässern und darauf hoffen, dass der Samen auch wirklich reichlich aufgeht. Es gilt also, erst einmal tätig zu werden.
Das Bild des Blumensamens ist für mich ein schöner Vergleich zu den pädagogischen Ansätzen, Kita-Kinder jeglichen Alters an Entscheidungen, von denen sie persönlich betroffen sind, zu beteiligen. Ja, ich bin der Meinung, Partizipation geht in jedem Alter. Auch bei Kindern, die eine Krippeneinrichtung besuchen. Partizipation ist auch bei den Jüngsten umzusetzen, auch weil es in der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention so verankert ist. Die Herausforderung, Partizipation im Krippenalter zu gewährleisten, ist gesetzt und pädagogisch sinnvoll. Es liegt also bei uns Erwachsenen, uns dieser Aufgabe zu stellen - und das fängt bei jeder erwachsenen Person selbst an!
Wir müssen bewusst unsere Macht, die wir durch unsere Größe, die Lautstärke unserer Stimme, unsere Kommunikationsstärke und anderes mehr haben, so reduzieren, dass ein Kontakt auf Augenhöhe stattfinden kann. Wenn es uns dann gelingt, vor allem in der nonverbalen Kommunikation, kongruent zu kommunizieren, werden wir erstaunliche Eindrücke gewinnen. Kinder, so die Erfahrung, sind von Anfang an bereit, sich zu interessieren und einzubringen. Sie wollen lernen und Teil ihrer sozialen Gemeinschaft sein. Sie signalisieren mit ihren Möglichkeiten, was ihnen guttut, was sie wollen, was ihnen Freude bereitet - und was nicht.
Im Bundesland Rheinland-Pfalz ist durch das Kita-Zukunftsgesetz die neue Aufgabe der FaKiP - der Fachkraft für die Kinderperspektive - geschaffen worden. Einer Fachkraft, die den Kinderwillen in den Kita-Beirat einbringt und damit die Perspektive der Kinder auch im Hinblick auf die organisatorische und strukturelle Weiterentwicklung der Kita zur Sprache bringt. Hier und auch bei ähnlichen Ansätzen in anderen Bundesländern werden Fachkräfte gezielt geschult, Kinder demokratisch einzubinden und zu einer wirkungsvollen Mitbestimmung anzuregen. Ein Beispiel dafür, dass Mitbestimmung der Jüngsten gelingen kann.
»Wer anderen Blumen sät …«: Dieses Sprachbild steht nicht nur für den vielleicht mühseligen Prozess, für das Blühen zu sorgen. Mir hat allein schon das liebevoll verpackte Tütchen ein Lächeln entlockt und mich gelehrt, dass auch noch so kleiner Samen Großes zum Blühen bringen kann.
Partizipation beginnt schon bei den Jüngsten in unseren Einrichtungen und legt Samen für eine angstfreie Kommunikation, die sich nicht an ihren Begrenztheiten, sondern an ihren Möglichkeiten misst, und für ein »Sich-selbst-bewusst-Sein«, das sich in ein soziales Miteinander einbindet. Je früher dieser Samen ausgesät wird, desto wirkungsvoller wird er in unserer Gesellschaft aufblühen. Nehmen wir uns die Zeit, um im Kita-Alltag echte Mitbestimmung zu leben und Demokratie einzuüben, und machen wir uns stark, um in Politik und Gesellschaft Rahmenbedingungen einzufordern, die dazu den nötigen Raum geben.
Paul Nowicki
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e. V.