Standpunkt
Potenziale nutzen
Profilergänzende Kräfte, die handwerkliches Wissen einbringen, sind ein Qualitätsgewinn für Kitas, davon ist Paul Nowicki überzeugt.
Das Handwerk als Beruf durchdringt nahezu jeden Aspekt unseres Lebens, von den Häusern, in denen wir wohnen, bis zu den Geräten, die wir benutzen. Kommen Kinder mit Handwerk zusammen, verbinden sich ihre intuitive kreative Gestaltungsfreude mit der professionellen Handwerkskunst.
Es ist wichtig, dass Kinder von Anfang an Zugang zu handwerklichem Wissen und entsprechenden Techniken haben, das notwendige Werkzeug kennen und, wo immer möglich, auch den Umgang damit üben. Die Integration von Handwerksaktivitäten in den Kita-Alltag bietet nicht nur eine praktische Erfahrung, sondern fördert auch die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung der Kinder.
Eine schon vielfach genutzte Möglichkeit, die Verbindung zum Handwerk herzustellen, sind Exkursionen in den Sozialraum. Betriebe und Unternehmen oder auch fachkundige Menschen öffnen den Kindern mit ihren Erzieher*innen gerne die Tür. Durch die Zusammenarbeit mit Handwerker*innen, Künstler*innen und anderen Fachleuten können Kita-Teams den Kindern einen breiteren Einblick in die Welt um sie herum bieten. Umso bedenklicher, dass in Zeiten von Personalmangel und bei immer höheren Anforderungen im Kita-Alltag solche Kooperationen viel zu oft entfallen.
Eine andere Möglichkeit, diese Lern- und Erfahrungsoption in den Alltag der Kitas einzubringen, ist es, Personen mit nicht-pädagogischer Berufsausbildung im Personalschlüssel der Einrichtung anzustellen. Es greift zu kurz, sie als pädagogische Assistenzkräfte zu betrachten und dementsprechend zu bezahlen. Das wird dem Potenzial, das diese Personen einbringen können, nicht gerecht. Denn mit ihrer ursprünglich erworbenen Profession bereichern sie die Lern- und Erfahrungsoptionen der Kinder und des Teams. Selbstverständlich geht das nur mit grundlegendem pädagogischem Wissen. Darüber hinaus braucht es eine Konzeption, die ein konstruktives Miteinander von pädagogischen und profilergänzenden Fachkräften beschreibt, und es braucht attraktive Rahmenbedingungen, um Menschen zu finden, die diese Idee mit Leben füllen.
Den generellen Fachkräftemangel wird man damit nicht auf einen Schlag beheben. Doch konkret vor Ort lässt sich die ein oder andere Situation verbessern. Vor allem wenn Einrichtungsleitungen, Träger und die Elternschaft, die sich für diese Idee begeistern, ihre Netzwerke nutzen. Man muss gar nicht so lange suchen, um gelungene Beispiele dafür zu finden.
Damit aus einzelnen Beispielen ein neues Modell wird, braucht es jedoch den politischen Willen, die Fachkräftekataloge entsprechend umzugestalten. Die Rahmenbedingungen sind so zu setzen, dass die Kompetenz von Träger und Leitung genutzt wird, um flexible und tragfähige Lösungen vor Ort zu entwickeln. Darüber hinaus braucht es auch den Willen, Leitungskräfte für ihre Leitungstätigkeit umfänglich freizustellen, damit sie ihre multiprofessionellen Teams führen können. Profilergänzende Fachkräfte sind im Gegensatz zu vielen anderen Lösungsansätzen keine Absenkung des fachlichen Qualitätsniveaus, sondern ein qualitativer Gewinn und eine sinnvolle Option in der Krisensituation unserer Kitas.
Paul Nowicki
Geschäftsführer des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) - Bundesverband e.V.